Der Umzug eines Kieswerks der Münchner Kiesunion (MKU) vom alten Standort am Hollerner See zwischen Eching und Unterschleißheim bei München nach Eching Süd ist abgeschlossen (s.Interview in der AT MINERAL PROCESSING 04/2015, S. 30-42). Die damit verbundenen Herausforderungen wurden von allen Beteiligten jeweils flexibel, kreativ und im abschließenden einhelligen Urteil insgesamt mit großer Kompetenz und Zuverlässigkeit in hervorragender Weise bewältigt. Die ASE Technik AG hatte als Generalplaner ein Gesamtkonzept für die Umbauphase entwickelt mit festgelegter Kostenstruktur sowie einem Fließschema für die Anlagentechnik.Mit einem Team von Spezialisten (Verfahrenstechniker, Anlagenbauer,Projekt-Bauleiter und Inbetriebnehmer) hat das Unternehmen den Werksumbau dann auch organisatorisch und in der praktischen Ausführung tatkräftig begleitet.
Franz Demmelhuber, Geschäftsführer der MKU, zeigt sich sehr zufrieden mit Ablauf und Ergebnis des Mammut- Projektes: „Insgesamt war das eine großartigeLeistung, sowohl was die Inbetriebnahme der neuen Anlage betrifft als auch dieProduktqualität, die wir sehr schnell erreichen konnten. Aber auch die Termin-oder die Budgettreue möchte ich als besonders positiv hervorheben. Die vorgegebenen Richtwerte und die Kostenschätzung, die die ASE Technik aufgestellt hatte, wurden nicht überschritten, wie das gerne üblich ist, sondern sogar unterschritten.“ Bis Sommer 2017 wird – derzeit mit 6 Sattelzügen – nochRestkies vom alten Standort zugefahren, ansonsten ist die Rohstoffversorgung im neuen Werk für die kommenden 12 Jahre gesichert.
Bereits ein Jahr vor Beginn der Umsiedlung des Kieswerks wurde auf dem neuen Gelände ein Wasserbecken von 15 000 m3 für die Frischwasserversorgung des neuen Werkes angelegt sowie ein Schlammbecken ausgehoben, um den Waschschlamm aufnehmen zu können, der während der Aufbereitung anfällt. Vor dem eigentlichen Abbau wurde die obere Bodenschicht mit Raupe und Radlader abgeschoben und ringsum das Werksgelände als Sicht- bzw. Staubschutz gelagert.
Dieses Abraummaterial wird zusammen mit unverwertbaren Lagerstättenanteilen und dem während des Gewinnungsprozesses anfallenden Waschschlamm zu einem späterenZeitpunkt sukzessive zur Rekultivierung bzw. Wiederverfüllung des Abbauareals verwendet.
Zur Gewinnung derRohstoffe sind im neuen Werk im Bereich oberhalb des Grundwassers ein Radlader und im Bereich des Grundwassers ein Hydraulikbagger im Einsatz. Der Transportdes Materials zur Aufbereitungsanlage erfolgt mit elektrisch betriebenenFörderbändern, die im kommenden Winter installiert werden.
Aufgrund der durchgeführten Modernisierungen konnte das neue Kieswerk gegenüber der altenAnlage um etwa 20 % verkleinert werden. Daraus resultiert zum einen eine erhebliche Reduzierung des Energiebedarfs um 5 %. Zum anderen konnte im neuenWerk die Produktivität der Anlage um 30 % gesteigert werden. Durch Ausweitung der Produktionszeit auf den Zeitraum März bis Dezember und gesteigerterEffizienz der Maschinentechnik kann im neuen Werk bei 30 % reduzierternomineller Durchsatzleistung die gleiche Menge an Produkt hergestellt werden, wie im alten Werk.
Der Rohkies aus dem alten Kiesabbau und Abbaumaterial aus der neuen Kiesgrube wird derzeit in einen zentralen Bodentrichter mit Fassungsvermögen von etwa 40 m3 gekippt. Künftig kann hier auch Zufuhrmaterial aufgenommen werden, wie z.B. Aushub vonBaustellen aus der näheren Umgebung. Über Band wird das Rohmaterial auf eine grosse Vorratshalde geleitet und anschließend über 4 verschiedene Abzugsbunker durch einen Tunnel kontinuierlich abgezogen und der Aufbereitung zugeführt. Hier wird das Rohmaterial zunächst in mehreren Stufen gereinigt, wobei die Feinstfraktionen im Schlammwasser dem Freifallklassierer zur Sandproduktion zugeführt werden. Überkorn > 32 mm der gereinigten Gesteinskörnungen werden anschließend in einem Backenbrecher von Comec Binder sowie einem Sandvik Kegelbrecher zerkleinert. Das gebrochene Material gelangt über den neuen VHV Doppelgurtförderer senkrecht nach oben in die Siebmaschinen, um Splitt undBrechsand abzutrennen. Das Überkorn geht zurück in den Brechkreislauf, derBrechsand wird zu den Stabrohrmühlen geleitet, wo die Sandkörnung rundgeschliffen wird. Dank der modernisierten Fördertechnik mit dem Senkrechtförderer innerhalb des engen Produktionskreislaufs hat sich nicht nur der Materialverlust verringert, es gibt auch einen positiven Effekt in Bezug auf und Energie- und Wartungskosten.
Der große Vorteil des neuen Werkes gegenüber der alten Anlage besteht darin, dass nun das gesamte Überkorn, aber auch die Feinstpartikel, die am alten Standort zurück in den See geschwemmt wurden, im Produktionsprozess verbleiben und zu verkaufsfähigen Produkten verarbeitet werden. Der gesamte Aufbereitungsprozess– von der Materialaufgabe über die verschiedenen Reinigungs- und Brechstufen sowie die Rezeptur für den Freifallklassierer – wird dabei im Steuerstand überwacht, kontrolliert und ggf. angepasst.
Die radial um die Aufbereitungsanlage angeordneten Kies- und Sandhalden werden mit Absetzbändern beschickt. Die Verladung der Produkte erfolgt anschließend perRadlader. Mit dem im Nass-Abbauverfahren gewonnenen Kies, Splitt und Sand kann die MKU künftig ihren Kunden eine breitere und – MKU-Geschäftsführer Franz Demmelhuber zufolge – auch flexiblere Produktpalette bieten: Natursand undSpezial- sande (0-2 und 0-4 mm), Brechsand (0-2 mm), Wintersplitt trocken (2-5mm) und Splitt (2-5, 5-8, 8-11 mm), Fallschutzkies (2-4 mm), Betonzuschlagstoffe (4-8, 8-16, 16-32 mm) und runde Korngemische (0-8, 0-16 und 0-32 mm sowie auf Anfrage), gebrochene Korngemische (0-5, 0-8, 0-16, 0-22 und0-32 mm, geeignet für verschiedenste Verwendungszwecke).
Die ursprünglich anvisierten 4 Monate Produktionsstillstand für die Umbauphase mussten zwar um einen Monat ausgeweitet werden. Aber mit dem am alten Standortvorproduzierten Vorrat an verkaufsfähigen Produkten war diese etwas verlängerte Übergangszeit gut zu überbrücken. Schließlich war die Einfahrphase im neuen Werk – mit jeweils kurzen Unterbrechungen, um alle erforderlichen Anpassungen vorzunehmen – bereits nach wenigen Tagen abgeschlossen, so dass seit Mai 2015 mit voller Leistung im Regelbetrieb gefahren wird. „Die Inbetriebnahme eines neuen Werks ist immer mit einem gewissen Unsicherheitsfaktor verbunden. Umso wichtiger ist es, dass alle beteiligten Unternehmen – wir als Generalplaner und Anlagenbauer, der Bauherr, die Maschinenlieferanten, die Elektriker etc. – die erforderliche Flexibilität mitbringen und sich eng miteinander abstimmen, um auftauchende Probleme schnellstmöglich mit entsprechenden Maßnahmen zu beseitigen“, berichtet Dipl.-Ing. Michel Kleisli, Geschäftsführer und Inhaber der ASE Technik AG.
Eine besondere Herausforderung bestand Michel Kleisli zufolge in der Übernahme der Stahlstruktur vom alten Standort in das neue Werk. Das Aufarbeiten und neue Verzinken der einzelnen Stahlteile stellten dabei das geringste Problem dar, auch wenn der zeitliche Rahmen zwischen Abbau und Wiederaufbau relativ eng gesteckt war.Knifflig waren eher die Anpassungsarbeiten der freitragenden Stahlstruktur beim Wiederaufbau, der eine Kombination zwischen alter und neuer Anlagentechnik vorsah. Es kam darauf an, zum richtigen Zeitpunkt das passende Element einzusetzen, um jede einzelne Anlage perfekt in die Gesamtstruktur einzubinden und dennoch den Zugang zu den Anlagen während der Arbeitsprozesse sowie für Wartungsarbeiten optimal zu gestalten.
Auch diese Aufgabe wurde erfolgreich gemeistert, wie Michel Kleisli berichtet: „Zunächst gab es natürlich Diskussionen, wie wir die Stahlteile am besten kennzeichnen oder durchnummerieren, um sie beim Wiederaufbau schnell und im richtigen Moment zur Hand zu haben. Und über das Ausmaß der erforderlichen Anpassungsarbeiten waren wir uns in derPlanungsphase sicherlich nicht bewusst. Aber am Ende haben sowohl die Verzinkerei wie auch der Wiederaufbau der Stahlstruktur im neuen Werk gut geklappt.“
Ebenfalls mit Spannung begleitet waren Einbau und Inbetriebnahme des neuen Freifallklassierers AKOREL von der AKW Apparate + Verfahren GmbH für die Feinstsandrückgewinnung. Nach einer Vorklassierung in 12 Einzelkörnungen imBereich von 0,063 und 4 mm und der anschließend elektronisch gesteuerten Rückvermischung dieser Einzelfraktionen wird – je nach gewünschter Rezeptur – ein Qualitätssand für die Betonindustrie erzeugt. Überschussfraktionen werden als unkontrollierter Sand ausgetragen, der ebenfalls als Verkaufsprodukt vermarktet werden kann. Die besondere Herausforderung bei der Inbetriebnahme dieser hochkomplexen Anlage bestand darin, den Wasserdurchlauf optimal einzustellen und auf der Grundlage verschiedener Probenahmen die Steuerung soweit anzupassen, dass am Ende die gewünschte Sandqualität erzielt werden konnte. Markus Kiser, Projektleiter bei der ASE Technik AG, zeigte sich beeindruckt von diesem Vorgang: „In dem Moment, als das Material kam, hat der Mitarbeiter von der AKW seine Proben genommen und jeweils in der Steuerung am PC dieEinstellungen angepasst. Und dann hatte man relativ schnell den passenden Sand.“
Bei der MKU steht vor der Rohstoffgewinnung grundsätzlich die Landschaftsplanung. Daher ist in der Regel die Planung für „die Zeit danach“ bereits abgeschlossen, noch bevor die erste Baggerschaufel Kies aufs Förderband fällt. So gesehen ist dieMKU auch am alten Standort noch nicht ganz aus der Pflicht, wenn dort derRohstoffabbau im Herbst 2017 eingestellt und das gesamte Areal zum Erholungs- und Freizeitgebiet mit Badesee und Liegewiesen wird – betrieben vom Erholungsflächenverein München und der Gemeinde Eching. Alle Spuren des ehemaligen Werksbetriebs müssen bis dahin beseitigt werden. Und teilweise istSeefläche zu verfüllen, um Badebuchten und Liegewiesen anzulegen und auch dieUferbefestigung wird unter der Regie und mit Gerätschaften der MKU entstehen.
Außerdem entstehen nun auch am neuen Standort der MKU während des Rohstoffabbaus in zeitweise oder dauernd nicht genutzten Bereichen neue wertvolle Klein- undWanderbiotope. Schließlich ist für die MKU aktiver Umweltschutz Programm, und der Abbau geschieht so ressourcenschonend und naturgerecht wie möglich.
Autor/Author: Ulrike Mehl, Redakteurin/Editor, AT MINERAL PROCESSING
AT MINERAL PROCESSING 11/2016